Rehabilitierung von stud. iur. Kurt Schmid

Der Rektor der Eberhard-Karls-Universität Tübingen hat am 17. April 1997 vor dem Senat der Universität die folgende Erklärung abgegeben: "Herr stud. iur. Kurt Wilhelm Schmid, geb. am 26.03.1914, war seit dem 12.11.1937 als Student der Rechtswissenschaft an der Universität immatrikuliert. Durch Entscheidung des damals als Akademisches Disziplinargericht fungierenden "Dreierausschusses" vom 15. Mai 1938, dem der Rektor, der Dozentenführer und der Studentenführer angehörten, wurde Kurt Wilhelm Schmid wegen pflichtwidrigen Verhaltens aufgrund der seinerzeit gültigen "Strafordnung für Studenten, Hörer und studentische Vereinigungen an den deutschen Hochschulen" des Reichserziehungsministeriums vom 01.04.1935 relegiert.

Die Herrn Schmid vorgeworfene Handlung bestand darin, daß er bei einem Fachschaftsappell, bei dem eine gegen den Rottenburger Bischof Johann Baptista Sproll gerichtete Erklärung der Studentenschaft beschlossen wurde, seiner abweichenden Meinung durch Fußscharren Ausdruck gegeben und gegenüber seinem Fachschaftsleiter seine Übereinstimmung mit dem Bischof erklärt hat, der sich an der Volksabstimmung vom 10.04.1938 über den Anschluß Österreichs nicht beteiligt hatte.

Herr Schmid ist am 05.08.1941 als Unteroffizier in Rußland gefallen.

Die Maßnahme stellt eindeutig einen politischen Willkürakt dar.

Bedauerlicherweise haben die Organe der Universität nach dem Kriege trotz entsprechender Bemühung von Prof. Dr. Eduard Kern, Schmid's damaligen Verteidiger im Disziplinarverfahren, die Rehabilitierung von Kurt Schmid nicht vollzogen.

Das von Organen der Universität begangene Unrecht kann nicht wiedergutgemacht werden. Dennoch ist es geboten, daß die Relegation, die eindeutig nationalsozialistisches Unrecht darstellt, förmlich aufgehoben wird.

Da das Universitätsgesetz dafür kein besonderes Verfahren vorsieht und die Zuständigkeit für disziplinarische Maßnahmen gem. § 100 UG grundsätzlich dem Rektor überträgt, gebe ich hiermit dem Senat meine Entscheidung bekannt, daß ich die Relegation von Herrn Kurt Wilhelm Schmid als nationalsozialistisches Unrecht aufhebe und Herrn Kurt Schmid ausdrücklich rehabilitiere.

Ferner habe ich das Universitätsarchiv beauftragt, politische Disziplinarfälle an der Universität Tübingen in der Zeit von 1933 bis 1945 zu überprüfen. Sobald diese Überprüfung abgeschlossen ist, werde ich in ähnlicher Weise eindeutig politisch motivierte Relegationen für unwirksam erklären.

Ich möchte den Senat bitten, sich im Gedenken an Herrn Kurt Schmid, dessen Verweis von der Universität als politische Terrormaßnahme bezeichnet werden muß, zu erheben."

Presse MAIL (michael.seifert@uni-tuebingen.de)

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